22-03-2021, 01:03 PM
Zitat:Unter der Ziffer Az: 329059/18 verkündete das Landgericht Hamburg am 29. Januar, eine mehr als richtungsweisende Entscheidung in Bezug auf den, in Oldtimerkreisen häufig auch fälschlich zitierten Begriff „MATCHING NUMBERS“. Und das was in diesem Urteil dezidiert festgeschrieben wurde, das ist so etwas wie „Balsam auf der Seele“ aller Oldtimer-Originalisten. Zum Tatbestand selbst führte das Landgericht Hamburg folgende Fakten an: (auszugsweise)Bitte beachtet dazu auch folgenden Beitrag: Das Matching Numbers Mysterium
Nach dem Erwerb eines seltenen Oldtimer-Fahrzeugs von der Beklagten zu 1) verlangt der Kläger die Rückabwicklung des Kaufvertrags und Schadenersatz u.a., weil es sich bei dem im Fahrzeug verbauten Motor nicht um einen „matching numbers“ Motor handele.
Die Beklagte zu 1) ist spezialisiert auf den Verkauf von Oldtimern und hat ihr Stammhaus in Hamburg; der Beklagte zu 2) ist ihr persönlich haftender Gesellschafter. Die Beklagte zu 1) erwarb das hier streitgegenständliche Fahrzeug in den Niederlanden und bot es sodann ihrerseits im Herbst 2015 zum Verkauf an. Sie bewarb das Fahrzeug als Jaguar XK 150S Roadster mit Linkslenkung und 3,8 Liter Motor aus dem Jahr 1960, das „seltenste Modell aller innerhalb der XK-Serie produzierten Fahrzeuge“, von dem es nur 14 Exemplare weltweit gebe. Es handele sich um ein „super Investment“. Die Motornummer des streitgegenständlichen Fahrzeugs wurde wie folgt beschrieben:
VAS 1193-9 – ‚Matching Numbers‘ (vgl. Anl. HL 1, Hervorhebung im Original)
Der Kläger erwarb das so angepriesene Fahrzeug am 26.10.2015 zu privaten Zwecken zu einem Preis von 305.000 Euro. In dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Kaufvertrag findet sich unter dem Abschnitt „Fahrzeugbeschreibung/Zubehör“ ebenfalls der Verweis auf einen „matching numbers Motor“ (vgl. Anl. HL 3).
Das Fahrzeug wurde am 09.11.2015 an den Kläger übergeben. Im Gegenzug zahlte er der Beklagten zu 1) 135.000 Euro in bar. Im Übrigen gab er das bis dahin in seinem Eigentum stehende Fahrzeug Jaguar XK 150S 3,4l LHD (FIN: T831248DN) bei der Beklagten zu 1) in Zahlung. Dieses wurde von den Parteien übereinstimmend mit 170.000 Euro bewertet (vgl. Anl. HL 3, dort Rückseite). Der in Zahlung gegebene Wagen wurde von der Beklagten zwischenzeitlich weiterverkauft.
Der Kläger nutzte das neue Fahrzeug in erster Linie als Liebhaber- und Sammlerstück, nicht dagegen für den täglichen Gebrauch. Insgesamt legte er seit November 2015 lediglich 300 km damit zurück. Im Herbst 2017 plante der Kläger sodann, das Fahrzeug weiterzuverkaufen. In diesem Zusammenhang erfuhr er erstmals davon, dass in den einschlägigen Internetforen für Oldtimer das von ihm erworbene Fahrzeug als „Fälschung“ bewertet wurde (vgl. Anl. HL 10-HL 12b). Der Kläger verlangte daraufhin von der Beklagten zu 1) mit Schreiben vom 16.10.2017 die umgehende Rückabwicklung des Vertrages (vgl. Anl. HL 13a). Die Beklagte lehnte dies ab (Anl. HL 13b). Daraufhin suchte der Kläger sich rechtlichen Beistand (vgl. insofern die weitere umfangreiche vorgerichtliche Korrespondenz Anl. HL 13c, 13d, 14, 15a). Die ihr darin gesetzte Frist bis zum 19.12.2017 zur Rückzahlung von insgesamt 305.000 Euro Zug-um-Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs ließ der Beklagte verstreichen.
Nach einem längeren, bis Dezember 2020 andauernden Rechtsstreit, führte dann das Landgericht Hamburg wie folgt aus (auszugsweise):
(ii) Branchenübliches Verständnis von „matching numbers“ Motor
Die Tatsache, dass in dem Fahrzeug nicht mehr der Motor verbaut ist, mit dem das Fahrzeug ursprünglich vom Band gelaufen ist, steht der Abrede der Parteien entgegen, wonach ein „matching numbers“ Motor geschuldet war. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus den sorgfältigen, fundierten und in sich widerspruchsfreien Ausführungen des Sachverständigen der das hier maßgebliche branchenübliche Verständnis der Begrifflichkeit (§§ 133, 157 BGB) in umfassender Weise aufgearbeitet und seine Einschätzung auf dieser Basis für das Gericht überzeugend erläutert hat.
Danach existiert in der Oldtimerbranche zwar kein ein eindeutiges Verständnis der Begrifflichkeit, bei einer überwiegenden Mehrheit der Verkehrsteilnehmer werde die Bezeichnung eines Fahrzeugbauteils als „matching numbers“ aber so verstanden, dass es sich um ein Originalbauteil handele, dass bereits bei der Auslieferung vorhanden war und nicht etwa im Nachhinein ausgetauscht wurde. Der Begriff erschöpfe sich also gerade nicht in der bloß alphanummerischen Übereinstimmung der Ziffern auf dem Bauteil mit den Auslieferungsbelegen, alphanummerischen Übereinstimmung der Ziffern auf dem Bauteil mit den Auslieferungsbelegen, sondern signalisiere darüber hinaus die Originalität des fraglichen Bauteils, hier also des Motors. Mit Originalität sei der Zeitpunkt gemeint, zu dem das Fahrzeug vom Band gelaufen sei. Gerade im hochpreisigen Segment des Oldtimermarktes wirke sich die Originalität bestimmter Bauteile auch werterhöhend aus, weswegen „matching numbers“ in diesem Marktsegment ein wesentlicher den Preis bestimmender Faktor sei. Je teurer das Fahrzeug, umso wichtiger sei dies. Auch das hier streitgegenständliche Fahrzeug gehöre zu diesem oberen Marktsegment (vgl. insofern die umfassenden Ausführungen im schriftlichen Gutachten vom 20.10.2020, Bl. 385 ff. d.A., sowie die ergänzende Anhörung des Sachverständigen vom 18.12.2020, Bl. 442 ff. d.A.). Vergleiche man das vertraglich vereinbarte mit dem tatsächlich gelieferten Fahrzeug, so handele es sich nicht um dasselbe, da die Abrede „matching numbers“ nicht eingehalten sei (Protokoll, S. 5-6, Bl. 458-459 d.A.).
Aus sachverständiger Sicht ist das Urteil des Landesgericht Hamburg, so etwas wie ein Meilenstein für die zukünftige Beschreibung und Beurteilung des Begriffes „MATCHING NUMBERS“, in Bezug auf ein historisches Fahrzeug.